8th January 2019

Wie Händler die digitalisierte Zukunft sehen

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Der Handel sieht die Digitalisierung von Geschäftsmodellen und Serviceangeboten zwar als Notwendigkeit, kämpft aber auch mit den Details der Umsetzung. So lässt sich wohl am treffendsten ein Stimmungsbild zusammenfassen, das der Branchenverband Bitkom zeichnet.

Die Konsumenten können jederzeit und überall mit dem Smartphone in der Hand einkaufen. Und das tun sie auch: Ob Lebensmittel oder Waren des täglichen Bedarfs, Mode und Unterhaltungselektronik, selbst Luxusprodukte werden immer häufiger ganz ohne den Besuch eines Ladens online bestellt.

Die Digitalisierung soll Prozesse im Handel nicht nur effizienter machen. Sie bringt auch neue Serviceangebote hervor, die den Kunden weiter in die Geschäfte locken sollen. Wie sehen dies die Handelsunternehmen selbst? Dieser Frage ist der Branchenverband Bitkom in einer Befragung nachgegangen.

Digitalisierung wird als Chance gesehen

In einer repräsentativen Studie wurden mehr als 500 Unternehmen des Groß- und Einzelhandels zum Thema Digitalisierung befragt. Dabei überwiegt die positive Einstellung. Mehr als 70 Prozent der Händler sehen in der Digitalisierung eine Chance. Der Handel erkennt hier viele Vorteile. Dazu gehören:

•   eine vereinfachte Kommunikation mit den Kunden,
•   die individuelle Ansprache der Konsumenten 
•   und auch die Entwicklung neuer Serviceangebote.

Über 70 Prozent der befragten Unternehmen sehen sich eher als Nachzügler bei der Digitalisierung. Das mag auch an der Berichterstattung der Fachmedien über Innovationen in den USA und vor allem China liegen. Grundsätzlich nehmen die Investitionen zu, wie 45 Prozent der Unternehmen angaben. Die überwiegende Mehrheit der Unternehmen kämpft aber damit, geeignete Fachkräfte zu finden. Immerhin sieben von zehn Unternehmen hadern damit.

Wie der Store sich verändert

Doch wie sieht der Handel selbst die Entwicklung in den kommenden Jahren? Tief verwurzelt ist die Überzeugung, dass der stationäre Handel stärker mit der Onlinewelt verschmelzen wird. Das sehen acht von zehn Befragten so. Und dafür gibt es ja inzwischen auch in Deutschland genügend Beispiele. Immerhin die Hälfte der Unternehmen ist der Ansicht, dass sich der stationäre Handel den Gewohnheiten der Verbraucher bei den Öffnungszeiten anpassen wird. Wo die Konsumenten rund um die Uhr elektronisch bestellen können, werden auch die Filialen nicht umhinkommen, rund um die Uhr geöffnet zu haben. Dabei wird es auch darauf ankommen, den Kunden genügend Gründe zu liefern, den Store zu besuchen. Denn die Händler erwarten überwiegend, dass sich die Bemühungen von Markenherstellern, direkt an die Kunden zu verkaufen, noch verstärken werden.

Auch im Laden der Zukunft werden weiter Menschen arbeiten. So glauben nicht einmal 20 Prozent der Händler daran, dass Roboter den Kunden durch die Geschäfte führen werden. Erstaunlich hoch ist der Anteil der Händler, die der Ansicht sind, dass Virtual Reality (VR) eine Schlüsseltechnologie im Handel sein wird. 62 Prozent der Befragten glauben, dass im Jahr 2030 die Produkte im stationären Handel via VR angeboten werden. Allerdings bleiben die eigenen Investitionen in dieses Thema bei den in der Studie berücksichtigten Unternehmen eher überschaubar. Mehr Bemühungen werden in die Integration von Tablet-Computern in den Beratungsprozess gesteckt.

Die Angst vor dem „Beratungsklau“ aus dem Internet scheint überwunden. Die Bedeutung des Smartphones im Leben der Konsumenten tragen die Händler Rechnung, indem Sie WLAN in ihren Geschäften anbieten (sieben von zehn Händlern). 22 Prozent bieten bereits ein Bonusprogramm über eine App an, 35 Prozent planen die Einführung. So wollen die Händler auch auf den Geräten im Bewusstsein der Kunden bleiben.

Geschäfte ohne Kasse?

Nach Meinung der befragten Händler wird die Digitalisierung auch vor der Kassenzone nicht Halt machen. Interessanterweise bieten 91 Prozent der Unternehmen inzwischen bargeldloses Bezahlen in ihren Geschäften an. Die Kunden könnten also bereits heute mehr oder weniger vollständig auf Bargeld verzichten.

Dass sie dies nicht tun, liegt also offensichtlich nicht an der Verfügbarkeit von Alternativen. Trotzdem sind 77 Prozent der befragten Manager der Ansicht, dass im Jahr 2030 das Bezahlen beim Verlassen des Geschäfts automatisch ablaufen wird. Ob die Kunden diese Form des Bezahlens in der Breite akzeptieren werden, muss sich allerdings erst noch erweisen, zumal aktuell europaweit bisher nur erste Experimente mit solchen Technologien durchgeführt werden.

Die Befragung zeigt aber auch, dass offenbar kaum ein Händler das Potential in der Digitalisierung des Bargelds sieht. Steigerung der Effizienz beim Bargeldhandling, Einsatz von Systemen für das Cash-Recycling tauchen in dem Report überhaupt nicht auf. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurde auch gar nicht danach gefragt, obwohl sich die Frage nach der kostengünstigen Abwicklung des Bargelds immer dringender stellt, je weiter Barzahlen zurückgehen sollte.

Insgesamt mag sich der Handel in Deutschland als Nachzügler der Digitalisierung empfinden. Die Bedeutung des Themas wurde indes erkannt, was sich auch in den gestiegenen Investitionen widerspiegelt. Daher sollten Händler optimistisch in die Zukunft schauen.