Wäre eine Zukunft ohne Bargeld tatsächlich erstrebenswert

Montag, 13. Juli 2020

Neu-Isenburg

Woman_Code_DE_1860x896

Aus Angst, sich an Banknoten mit Covid-19 anzustecken, sind die Konsumenten in Deutschland verstärkt auf bargeldlose Bezahlverfahren ausgewichen. Befürworter und Fans des kontaktlosen Bezahlens mittels Karte oder Smartphone riefen bereits etwas vorschnell das Ende des Bargelds aus. Die Frage ist jedoch, ob eine Zukunft ohne Münzen und Banknoten überhaupt erstrebenswert ist.

Rational betrachtet ist das Risiko, sich durch das Hantieren mit Bargeld an mit Covid-19 anzustecken, zu vernachlässigen. Das haben inzwischen zahlreiche Institutionen bestätigt. Aber die Verunsicherung in der Kassenzone ist dennoch groß: So zeigen aktuelle Umfragen einen eindeutigen Trend. Mit Ausnahme der älteren Generation zahlen die Konsumenten jetzt häufiger mit Karte oder Smartphone. Und planen das auch in Zukunft beizubehalten.

Und wenn dieser Trend noch mehr Fahrt aufnimmt? Welche Konsequenzen hat eine bargeldlose Gesellschaft?

Nicht jeder kann da mithalten

Es sieht so einfach aus: Kredit-, Debitkarte oder Smartphone einfach in die Nähe des Terminals halten, schon ist der Einkauf bezahlt. Kaum vorstellbar, dass das jemand nicht kann. Und doch sind es gerade die älteren Menschen, die sich mit diesen neuen Technologien schwertun. Doch auch Jüngere stehen teilweise vor unlösbaren Problemen, wenn die Transaktion einfach nicht klappt oder sich das Verfahren nicht am Handy einrichten lässt.

Würde heute das Ende des Bargelds ausgerufen, müsste sich unsere Gesellschaft bewusst dafür entscheiden, die Älteren auszuschließen. Und natürlich all die, die auf Bargeld angewiesen sind, weil ihnen keine anderen Bezahlarten offenstehen.

Wenn auf einem Markt Alternativen verschwinden

Aktuell kann vom Ende des Bargelds keine Rede sein. Daran ändert auch das geänderte Zahlungsverhalten anlässlich von Covid-19 nichts. Der Kunde hat also noch Alternativen. Das ist durchaus vorteilhaft für den Handel. Denn Alternativen verhindern, dass die Anbieter digitaler Bezahlverfahren zu kräftig an der Preisschraube drehen. Werden die Abwickler auch noch so zurückhaltend sein, wenn das Bargeld verschwunden ist? Potenziell könnte das Bezahlen für den Händler noch teurer werden.

Vom schleichenden Verlust unserer Privatsphäre

Beides sind Probleme, die sich vielleicht noch ignorieren lassen. Dem Kunden sind die Transaktionsgebühren des Händlers ohnehin egal. Es gibt aber einen Aspekt, der alle Nutzer bargeldloser Verfahren betrifft: Wer bar zahlt, bleibt anonym. Alles, was die Bank von einem Barzahler weiß, ist, dass er Bargeld von seinem Konto abgehoben hat. Wofür er das Geld verwendet hat, bleibt allein seine Sache.

Das ist beim bargeldlosen Bezahlen anders. Egal ob per App oder per (digitalisierter) Karte gezahlt wird. Immer weiß mindestens ein Unternehmen, das mit der Abwicklung der Transaktion betraut ist, wann, wo und in der Regel auch wofür, Geld bezahlt wurde. Eine Vorstellung, die nicht jedem behagt. Zumal es – Stichwort PSD2 – eine wichtige Änderung gegeben hat. Denn sie besagt, dass Kontoinhaber Daten ihres Girokontos auch Dritten freigeben können.

Wer regelmäßig in einem Geschäft für Spezialitäten einkauft, freut sich über Empfehlungen des Geschäftsinhabers, die den eigenen Geschmack treffen. Aber wohl niemand möchte, dass der Händler wüsste, dass gerade vorher eine Salbe für eine Hauterkrankung in der Apotheke gekauft wurde. Daten, die beim bargeldlosen Zahlen vom Nutzer quasi frei Haus geliefert werden. Da braucht es schon das Vertrauen, dass dieses Wissen nicht anderweitig genutzt wird. Und die technischen Systeme genügend gegen unbefugte Zugriffe gesichert sind.

Die Digitalisierung des Bezahlens wird sich weiter fortsetzen. Sie birgt aber auch Probleme und Gefahren, die kaum diskutiert werden. Was aber nichts daran ändert, dass sie existieren.

Kunden, die an der Kasse Bargeld aus dem Portemonnaie ziehen, sind also gar nicht rückständig oder verweigern sich der Digitalisierung. Sie haben möglicherweise nur ein anderes Bedürfnis nach Anonymität. Und so lange an der Kasse bar gezahlt wird, müssen Händler das Bargeldmanagement in die eigene Digitalisierungsstrategie einbeziehen. Moderne Systeme für das Cash-Management unterstützen auf diesem Weg.

Blog-Promo-2280x700-DE

Verpassen Sie nie den aktuellsten Blog

Abonnieren