27th January 2023

Kartenzahlung only – ein Fehler?

Eine Person hält eine Karte und Bargeld in den Händen

Rein digitale Zahlungsmethoden wie die Kartenzahlung respektive das Bezahlen per Mobiltelefon haben ohne Zweifel ihre Vorteile. Die sind hinlänglich bekannt. Und vermutlich ist die Zahl der Kund:innen, die solche Methoden ohne Schwierigkeiten für sich angenommen haben, besonders hoch. Als Blaupause für den gesamten Handel dürfte dies aber nicht taugen. 


Zum einen würden damit alle Menschen ausgeschlossen, die eben gerade nicht so technikaffin sind, und solche, die aufgrund ihrer Lebensumstände keine Kreditkarte erhalten oder nicht nutzen wollen.


Viel wichtiger erscheint aber ein anderer Aspekt. Ein in Deutschland beliebtes Bezahlverfahren wie das Bargeld vollständig abzuschaffen, scheint angesichts zweier Befragungen der vergangenen Wochen, zumindest mutig.

So hat Payone herausgefunden, dass immerhin rund 10 Prozent der Kund:innen mindestens einmal pro Woche einen Store wieder vorzeitig verlässt, wenn die in diesem Moment bevorzugte Bezahlmöglichkeit gar nicht angeboten wird. Die Hälfte der Kundschaft kauft nur dort ein, wo sie so bezahlen kann, wie sie möchte. Und eine Studie von Concardis zeigt zwischen den Geschlechtern völlig unterschiedliche Präferenzen bei den Vorlieben in Hinblick auf das Bezahlen.


Für Handelsunternehmen ist es wichtig, einen Mix an Bezahlverfahren auch im Laden bereitzuhalten, um tatsächlich alle Kund:innen zu erreichen. Und da gehört Bargeld nun einmal dazu.


Man erinnere sich dabei auch an flächendeckende Ausfälle von Zahlungsterminals oder größeren technischen Störungen. Bezahlen mit Bargeld funktioniert davon unabhängig. Und es ist das Zahlungsmittel für alle Personen, die großen Wert auf Anonymität legen.


Um gegen größere technische Störungen oder Stromausfälle gerüstet zu sein, empfehlen die Zivilschutzbehörden ausdrücklich, einen Bargeldvorrat im Haus zu haben.


Die Schwarz-Weiß-Diskussionen rund um das Bargeld im Handel unterschlagen häufig einen wichtigen Gesichtspunkt.


Bargeldhandling kostet Geld. Deshalb ist es für den Handel wichtig, hier Effizienzen zu heben. Noch dazu, wenn die Zahl der Transaktionen mit Bargeld spürbar geringer wird. Was sie indes statistisch auch tut, aber sehr schleichend. Doch auch das Zahlen per Karte und Smartphone verursacht Gebühren. Banken, Kreditkartengesellschaften und Payment-Service-Provider verdienen an der Abwicklung bargeldloser Transaktionen. Von den regelmäßigen Kosten, die jedes einzelne Terminal verursacht, ganz zu schweigen. 

Wenn nun selbst niedrigpreisige Artikel, wie bei Gravis, nur noch bargeldlos gezahlt werden können, mag sich das in diesem Einzelfall vorderhand rechnen. Die höheren Margen bei teureren Produkten kompensieren die Kosten bei Kleinteilen. Das sieht in anderen Branchen mit kleineren Warenkörben und geringen Gewinnspannen völlig anders aus.


Kaum ein Handelsunternehmen besitzt die Marktmacht von Amazon, das sich in Großbritannien an den Interchange-Gebühren einer Kreditkartengesellschaft störte und kurzerhand ankündigte, die Karte nicht mehr akzeptieren zu wollen. Die Strategie ging auf und zwang die Gesellschaft an den Verhandlungstisch. 

Das Beispiel deutet aber auch die Schattenseite an. Je stärker sich der Zahlungsverkehr auf einige wenige Kartenbetreiber fokussiert, umso größer wird die Abhängigkeit des Handels von den Konditionen der Anbieterunternehmen. Und kleinere Händler:innen werden die Preise zahlen müssen, die verlangt sind.

Kurzum: Bargeld sichert Anonymität, ist für viele Kund:innen nach wie vor wichtig, funktioniert immer und sichert im Payment auch ein Stück Wettbewerb. Deshalb ist es fraglich, dass das Beispiel Gravis flächendeckend Schule machen wird.