22nd March 2022

Der digitale Euro kommt – verschwindet damit das Bargeld endgültig?

Bitcoin und Euro

Als der Facebook-Konzern vor rund drei Jahren ankündigte, eine eigene Digitalwährung zu entwickeln, begann in vielen Zentralbanken ein Umdenken: die Geburtsstunde des digitalen Euros. Läutet dieser nun das Ende des Bargelds ein?

„Libra“, dann „Diem“ sollte die digitale Währung von Facebook heißen. Inzwischen hat das Unternehmen seine Pläne zurückgezogen, nicht zuletzt auch wegen der starken Reaktion der Zentralbanken in den USA und Europa. Diese sahen in einer digitalen Währung, die vom größten sozialen Netzwerk der Welt herausgegeben werden sollte, eine Gefahr für die Stabilität des Währungssystems. Entsprechend deutlich positionierten sie sich gegenüber dem US-Konzern und steckten einerseits einen engen regulatorischen Rahmen, andererseits wurden Projekte zur Schaffung eigener digitaler Währungen aufgesetzt.

Der digitale Euro ist kein Bitcoin

Befeuert wurde die Entwicklung in Richtung der „Central Bank Digital Currencies“ (CBDC) natürlich auch durch den Erfolg der digitalen Währung Bitcoin. Noch ist überhaupt nicht absehbar, ob es sich dabei um etwas anderes als ein reines Spekulationsobjekt handeln könnte. Der wesentliche Unterschied zu einer CDBC besteht hier darin, dass hinter dem digitalen Euro die Zentralbank steht, um sich um die Wertstabilität zu kümmern.

Geht es nach den aktuellen Plänen der EZB, werden die Bürgerinnen und Bürger den digitalen Euro in einer digitalen Brieftasche, dem personalisierten Wallet, aufbewahren und damit auch bezahlen können; also wie mit Bargeld im Portemonnaie. Die Analogie geht sogar noch weiter. Etwa 20 Prozent der verfügbaren Gesamtsumme an Euros sind Bargeld. Und streng genommen müsste der digitale Euro dem Bargeld zugerechnet werden.

Solange ein Euro auf dem Girokonto liegt, erhebt der/die Konteninhaber:in einen Anspruch gegen seine/ihre Geschäftsbank. Es handelt sich um Buch- oder Giralgeld. Beziehen die Kontoinhaber:innen aus der Kasse im Supermarkt oder am Geldautomaten Bargeld, entsteht ein Anspruch gegenüber der Zentralbank. Sie garantiert, dass das kleine Stück Papier die aufgedruckte Kaufkraft besitzt. Der digitale Euro funktioniert ohne den Zwischenschritt des Giralgelds, ist also tatsächlich „digitales Bargeld“.

Auf dem Weg zum digitalen Euro

Der digitale Euro der Europäischen Zentralbank befindet sich in der Konsultations- und Experimentierphase. Diese soll nach den Plänen der EZB im Oktober 2023 abgeschlossen sein. Deswegen steht auch noch nicht fest, wie der digitale Euro technisch überhaupt umgesetzt wird.
Die EZB wird zwei Varianten testen:

  • Eine zentrale Lösung, die auf der Basis des Bezahlsystems „Target Instant Payment Settlement“ (TIPS) basiert.
  • Eine dezentrale Lösung, die die Distributed-Ledger-Technologie einsetzt, auch als Blockchain bekannt. Dies wäre somit eine mit Bitcoin vergleichbare technische Basis. Fakt ist lediglich, dass der digitale Euro ein gesetzliches Zahlungsmittel ist und somit im Handel überall akzeptiert werden muss. Ein Unterschied etwa zu Kreditkarten und alternativen Zahlungsmitteln.

Vorteile des digitalen Euros

Viel wird aktuell über die Mehrwerte der CDBC der EZB diskutiert. Solange aber die technische Basis nicht geklärt ist, handelt es sich um reine Spekulationen. Denkbar wäre eine Möglichkeit der Programmierung. Das bedeutet, dass der digitale Euro in bestehende Systeme integriert werden könnte. Hier wäre etwa an „Smart Contracts“ zu denken: Automatisiert bestellt ein Handelsunternehmen bei einem Zulieferer Nachschub. Sobald die Bestellung auf den Weg gegangen ist, wird im Rahmen dieses automatisierten Vertragsverhältnisses auch die Zahlungen und somit die Verrechnung des Geldes verbucht. Das Geld wäre somit binnen Sekunden verfügbar, ohne Gebühren und Verzögerung bei Geschäftsbanken. Ob der digitale Euro „programmierbar“ sein wird, steht allerdings noch nicht fest.

Bargeld und digitaler Euro als friedliches Nebeneinander?

Und damit zur eingangs gestellten Frage, ob der digitale Euro das Ende des Bargelds bedeutet. Höchstwahrscheinlich schon, allerdings erst mittelfristig. Da die Nutzerinnen und Nutzer des digitalen Euros einen konkreten Anspruch gegenüber der Zentralbank haben, wird der Betrag, der im digitalen Wallet gespeichert werden darf, auf einen Höchstbetrag gedeckelt. Die aktuelle Planung geht von 3.000 Euro aus. Damit soll ein Zusammenbruch des Bankensystems verhindert werden, der unweigerlich bevorstünde, wenn die Bürgerinnen und Bürger das auf ihren Konten liegende Geld vollständig gegen den digitalen Euro tauschen würden, also den Banken Finanzmittel entziehen.

Klar ist allerdings auch, dass sich die Digitalisierung unseres Lebens fortsetzen wird. Ein digitales Impfzertifikat oder der Ausweis auf dem Smartphone wird von immer mehr Menschen ganz selbstverständlich akzeptiert. So dürfte auch das Bezahlen mit dem digitalen Euro zur Selbstverständlichkeit werden. Wann dies so weit ist, kann aber noch niemand vorhersagen. Denn bis es den digitalen Euro auch für die Bürgerinnen und Bürger gibt, wird noch Zeit vergehen. Aktuell ist damit eher frühestens Ende 2025 zu rechnen. Bis die CDBC dann flächendeckend genutzt werden kann, dürfte viele weitere Jahre vergehen. Bargeld bleibt ein nicht wegzudenkender Teil der Wirtschaft.