Digitaler Euro: Äquivalent zu Bargeld, aber mit offenen Fragen

Mittwoch, 30. August 2023

Neu-Isenburg

digitaler Euro

Mit der „Digital Euro Regulation“ hat die Europäische Kommission den Entwurf einer Verordnung vorgelegt, die den Weg in Richtung des digitalen Euros als digitale Zentralbank-Währung (CDBC) der EZB ebnen soll. Und auch die EZB selbst hat weiter an dem Thema gearbeitet und erste Weichen gestellt. Wie wird sie nun aussehen, die Digitalwährung, und wie geht der Handel damit am besten um? Das aktuelle Konzept wirft noch Fragen auf.

Wichtig im Kontext des digitalen Euros ist, dass aktuell lediglich ein Prototyp existiert und sich die Regulatorik noch im Abstimmungsprozess befindet. Insofern sind alle Eigenschaften der CDBC noch mit Vorsicht zu genießen. Die EZB betont, dass der digitale Euro das Bargeld ergänzen und keinesfalls ersetzen soll. Zugleich wird die Digitalwährung aber ein offizielles Zahlungsmittel werden, mit der entsprechenden Verpflichtung der Annahme.

Dass es sich nicht um einen Ersatz von Bargeld und Giralgeld handelt, zeigt sich bereits an einem Haltelimit. Alle Bürger:innen sollen maximal 3.000 digitale Euros besitzen können. 

Entwickelt wird der digitale Euro auch in Hinblick auf den Zahlungsverkehr. So sehen die aktuellen Pläne eine Verknüpfung mit der Instant-Payment-Struktur der EZB vor. Und da die Zentralbank den digitalen Euro herausgibt, wird sie sich auch um Überwachung und Kontrolle der Währung und Geldmengen kümmern.

Der digitale Euro: Wer soll ihn nutzen?

Die EZB hat sich bisher nicht ausdrücklich gegen die Nutzung der Distributed-Ledger-Technologie (DLT), vereinfacht „Blockchain“, ausgesprochen. Sehr skeptisch ist sie aber gegenüber der Programmierbarkeit der Währung und Ansätzen wie Smart Contracts. Das hat Kritiker:innen auf den Plan gerufen – wobei der digitale Euro bisher noch einige weitere Fragen offen lässt.

  • Anonymität: Der Wunsch der EZB, Geldabflüsse aus dem Finanzsystem zu vermeiden und Geldwäsche zu erschweren, führt dazu, dass nach aktuellem Stand keine anonymen Zahlungen möglich sein werden. Das wirft die Frage nach dem Datenschutz der Bürger:innen auf.
  • Inklusion: Während Bargeld wirklich jede:r nutzen kann, ist der Einsatz von digitalen Wallets und Apps (wie auch immer die gestaltet werden) ungleich anspruchsvoller.
  • Haltelimit: Es liegt auf der Hand, dass ein maximaler Betrag von 3.000 digitalen Euros nur bedingt für den (Groß-) Handel geeignet ist.
  • Keine Programmierbarkeit: Einer der Hauptkritikpunkte aus Sicht von Unternehmen und Industrie dürfte aber der Verzicht auf die Programmierbarkeit oder besser Erweiterbarkeit des digitalen Euros sein. Denn aktuell wird die CDBC weder Machine–2-Machine-Payment (was ein großer Beschleuniger für Transaktionen im B2B-Bereich wäre) erlauben, noch eine Fähigkeit für Smart Contracts besitzen, also keine ereignisgesteuerten automatisierten Zahlungen gestatten.

Somit stellt die Frage nach dem Mehrwert des digitalen Euros. Aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger bergen die aktuellen Entwürfe die Gefahr, dass ihre Transaktionen überwacht werden könnten, gleichzeitig aber die Nutzung deutlich komplizierter wird. Die Gesichtspunkte Bequemlichkeit, Nutzen und Vertrauen scheinen in Hinblick auf die Nutzer:innen noch nicht vollständig beantwortet.

Und auch aus Sicht von Handel und Industrie bleiben Fragen: Denn die notwendige Einführung durch das Akzeptanzgebot wird Kosten verursachen. Und diese sind betriebswirtschaftlich nur dann vertretbar, wenn der Nutzen des digitalen Euros gegenüber dem Giralgeld auf der Hand liegt. Instant Payments am POS sind auch mit Giralgeld möglich, dazu braucht es keine CDBC. Der Verzicht auf branchentypische Erweiterungen durch die fehlende Programmierbarkeit wiegt im B2B-Zahlungsverkehr schon schwer.

Wie geht es weiter?

In den Konsultationspapieren und Absichtserklärungen der EZB ist häufiger von einer „monetären Souveränität“ die Rede. Und natürlich fordern aktuelle Entwicklungen wie die neue Digitalwährung von PayPal (ein an den US-Dollar gekoppelter Stablecoin) Europa heraus. So wichtig aber die monetäre Souveränität geopolitisch erscheint, muss dennoch die Frage gestellt werden, welchen Mehrwert der digitale Euro bietet und wie ein „gläserner Konsument“ vermieden wird.

Unter dem Vorbehalt einer positiven Entscheidung auf politischer Ebene ist letztlich davon auszugehen, dass der digitale Euro kommt. Wann das so weit sein wird, ist aktuell noch unklar. Eine Dauer von vier oder nahezu fünf Jahren scheint nicht zu knapp gerechnet. Und vermutlich wird er dann auch die eine oder andere der aufgeworfenen Fragen beantworten.

Digitaler Euro – Katalysator für den Zahlungsverkehr der Zukunft von Johannes Seibel, Senior Specialist Digitaler Euro, Deutsche Bundesbank

Digitaler Euro: Vortrag der Bundesbank auf dem GLORY INNOVATION FORUM 2023

Auf dem diesjährigen GLORY INNOVATION FORUM vom 6. bis 8. September in Frankfurt sprechen Akteur:innen aus der Finance-, Retail und Hospitality-Industrie zu Zukunftsthemen, die die Branche gerade bewegen. Mit dabei ist auch Johannes Seibel von der Deutschen Bundesbank. In seinem Vortrag „Digitaler Euro – Katalysator für den Zahlungsverkehr der Zukunft“ nimmt er sich der Fragen nach Ausgestaltung, Zukunft und Co. der Digitalwährung an. Auf dem GLORY V-SQUARE finden Sie die vollständige Agenda der Veranstaltung und können sich für die Teilnahme kostenfrei registrieren: https://www.glory-vsquare.com/gif