Wie lange zahlen wir noch mit Bargeld?

Die Frage, wie lange die Menschen denn nun noch weiter bar im Laden bezahlen, ist ein echter Dauerbrenner. Und die Antwort ist vielschichtig und nicht selten emotional aufgeladen.
Legen Unternehmen oder Verbände, in deren Mittelpunkt bargeldlose Bezahlverfahren stehen, ihre aktuellen Geschäftszahlen vor, eröffnet dies häufig einen lebhaften Austausch über die Beständigkeit von Scheinen und Münzen. Immerhin käme eine bargeldlose Gesellschaft den jeweiligen Business-Modellen entgegen. Und trotzdem: Wie die jüngsten Zahlen aus dem Cash & Payment Report von GLORY erneut unterstreichen, bleibt die Liebe zum Bargeld gerade in Deutschland und Österreich bestehen.
Vorliebe für Barzahlung erstaunlich stabil
Aktuell zahlt die Mehrheit der deutschen Kundinnen und Kunden (48 Prozent) an den Kassen von Supermärkten, in Bäckereien oder der Buchhandlung um die Ecke am liebsten bar. Bei den über 55-Jährigen bevorzugen sogar drei von fünf Befragten die Zahlung mit Bargeld. Die Vorliebe für Münzen und Scheine ist aber nur bedingt eine Frage des Alters, denn auch in der jungen Generation (unter 24) sind sie die bevorzugte Zahlungsmethode.
Abseits der Großstädte wird es jedoch immer schwieriger, den Bargeldfluss zu erhalten, weil sich die Banken nach wie vor aus der Fläche zurückziehen. Selbst dort, wo es noch eine Filiale gibt, kann das Geld häufig nur noch über den Automaten bezogen werden. Größere Mengen an Kleingeld sind schwer zu bekommen, welches für den Handel Herausforderungen mit sich bringen kann. Gleichzeitig wird Verbraucher:innen die Möglichkeit genommen Kleingeld einzuzahlen und gesammelte Münzen wieder loszuwerden. Da kommen Cash-Back-Angebote und Bargeldrecyclinglösungen im Handel gerade recht. Das zeigt auch die aktuelle Studie: Während der Pandemie hat jede zweite befragte Person die Möglichkeit genutzt, sich an der Kasse im Supermarkt auch mit Bargeld zu versorgen. 2019 war es nur jede Dritte.
Die Studie von Bonsai Research im Auftrag von GLORY hat gezeigt, dass sich die seit Jahren abzeichnende Verschiebung vom Bargeld in Richtung kontaktloser und mobiler Bezahlarten fortsetzt. Aufmerksame Beobachtungen der Branche machen jedoch deutlich, dass dieser Wandel schleichender verläuft als es selbst Expert:innen vermutet haben dürften. Laut der Erhebung gibt es beispielsweise gerade einmal vier Prozent unter den Befragten, die das mobile Bezahlen generell bevorzugen.
Bargeld ist auch Emotion
Derzeit gibt es in der Politik, den Banken oder dem Handel keine erkennbaren Bestrebungen, Scheine und Münzen abzuschaffen. Die Denkweise des Handels ist hingegen weiterhin davon geprägt, ein möglichst breites Angebot an Zahlungsarten anzubieten und Kundinnen und Kunden die freie Wahl zu lassen. Trotz technischer Innovationen und lautstarker Werbung für bargeldlose Alternativen, zahlen Menschen weiterhin gerne bar. Das ist allein mit rationalen Argumenten wohl kaum hinreichend zu erklären.
Papier- und Kleingeld ist ein seit Jahrhunderten erprobtes Bezahlmittel. Alle verstehen es, alle können es nutzen und mit dieser langen Tradition assoziieren die Menschen ganz offenbar auch eine besondere Wertigkeit. Das hat sich zuletzt während der Pandemie gezeigt, als die nachgefragte Bargeldmenge deutlich angestiegen ist. In unsicheren Zeiten scheint Verbraucher:innen das Bargeld, welches sie in den Händen halten können, der bessere Wertspeicher zu sein. Der Volksmund hat es mit „nur Bares ist Wahres“ prägnant auf den Punkt gebracht. Und es zeigt noch mehr: Der Hang zum Bargeld hat auch eine emotionale Seite.
Während die Zahlen auf dem Girokonto abstrakt sind, ist der Inhalt des Portemonnaies nachvollziehbar und transparent. Mit dem Blick in die Geldbörse ist leicht zu erkennen, wann das Budget zu Ende geht. So lässt sich auch Kindern unmittelbar und durch eigene Erfahrungen der Wert des Geldes erklären. Und Finanzexpert:innen empfehlen den Menschen, die nicht besonders gut darin sind, mit ihrem Einkommen auszukommen, lieber mit Bargeld zu bezahlen.
Ein weiterer Vorteil: Bares gewährt auch ein Stück Anonymität. Das ist für nicht wenige Menschen ein wichtiges Argument. Denn im Zeitalter immer ausgefeilterer Marketing-Profile und gigantischer Datensammlungen, die mittels Künstlicher Intelligenz ausgewertet werden, können Kundinnen und Kunden sich dem mit Barzahlung entziehen.
Welche Gründe auch immer auf den Einzelnen zutreffen mögen, in ihrer Gesamtheit führen sie dazu, dass das Ende des Bargelds nach wie vor in weiter Ferne liegt. Das „New Normal“ nach der Pandemie ist in dieser Hinsicht das Alte. Bargeld wird im Handel weiter zum Alltag gehören. Mit der richtigen Technologie, wie Bargeldrecyclingsystemen, lässt es sich problemlos mit aktuellen Dienstleistungen (z. B. SB-Services) kombinieren. Damit trägt das altbewährte Bargeld sogar zu neuen Angeboten für Verbraucherinnen und Verbraucher bei.
Mehr zum Thema gibt es im Handelszone Podcast. Hagen Höhl, GLORY Vice President EMEA, teilt in Folge 13 seine Gedanken zur Frage „Wie lange zahlen wir noch mit Bargeld?“. Hören Sie rein!