Kryptogeld: das Problem der Geldwäsche 2.0

Über Kryptowährungen wie den Bitcoin wird intensiv diskutiert. Sind sie mehr als ein Objekt für Spekulationen? Eine dunkle Seite der digitalen Währungen gibt es jedenfalls. Denn mit ihnen präsentiert sich das Problem der Geldwäsche in neuem Gewand.
Die Idee einer dezentralen Währung elektrisiert Anleger:innen und Finanzwirtschaft geradezu. Und nicht jeder Beitrag in der öffentlichen Diskussion ist so durchsichtig von Eigeninteressen getrieben, wie die Warnung vor „Hyperinflation“ eines Jack Dorsey. Der US-Unternehmer hat nicht nur Twitter gegründet, sondern auch den Bezahldienst Square, der aktuell sein Angebot rund um Bitcoin und andere Kryptowährungen ausbaut. Je mehr Anleger:innen in das digitale Geld investieren, umso besser werden die Geschäfte laufen. Bitcoin, Ether und anderes Kryptogeld kennen jedenfalls auch eine Schattenseite.
Keine Regulierung, keine KYC-Prozesse
Zumindest in der Theorie kann wirklich jede:r Bitcoins erwerben. In der Praxis sieht das zwar noch etwas anders aus, weil der Umfang mit den „Wallets“, der digitalen Entsprechung der Geldbörse, nicht ganz selbsterklärend ist. Bereits an dieser Stelle gibt es einen wesentlichen Unterschied zur traditionellen Finanzwirtschaft. Wer bei einer Bank ein Konto eröffnen möchte, um dort Geld einzuzahlen, muss sich (in der Filiale und online) einem Legitimationsprozess unterziehen. Während des „Know Your Customer“-Prozesses (KYC) identifizieren sich zukünftige Kunden mit einem aktuellen Ausweispapier. Diese Hürde ist beim Kryptogeld deutliche niedriger. Zum Konzept des Bitcoins gehört es, dass dieses Geld nicht reguliert ist. Keine Zentralbank kümmert sich um die Wertstabilität und die Herausgabe. Und mit entsprechenden Kenntnissen ist die Einrichtung eines anonymen Wallets möglich.
Cyberkriminelle bevorzugen den Bitcoin
Jeder Krimi-Fan weiß, dass jede noch so perfide durchdachte Erpressung oder Entführung eine Schwachstelle besitzt, die die Chancen der Polizei erhöhen, die Täter zu stellen: der Moment der Geldübergabe. Doch die fortschreitende Vernetzung und Digitalisierung haben zu neuen Straftaten geführt. Immer mehr Unternehmen werden Opfer von Attacken mit sogenannter „Ransomware“: Einem Computerprogramm, das die Daten eines Systems so verschlüsselt, dass die Anwenderin oder der Anwender nur durch Zahlung eines Lösegelds wieder herankommt. Und diese erbitten die Kriminellen heute vorzugsweise in Bitcoin.
Transaktionen in Bitcoin sind zwar prinzipiell nachzuvollziehen, denn technisch steckt dahinter die komplexe Technologie der Blockchain. Mit entsprechendem Fachwissen und krimineller Energie lässt sich der der Weg des digitalen Geldes aber dennoch verschleiern, weshalb die Täter die Beute in den regulären Wirtschaftskreislauf schleusen müssen. Es muss in analoges Geld getauscht werden.
Damit stehen die Kriminellen mit ihrer digitalen Beute vor einem klassischen Problem – es handelt sich also sozusagen um Geldwäsche 2.0. Und hier haben es die Täter leider (derzeit) noch viel zu leicht, wie die Schlagzeilen rund um die Kryptobörse Binance zeigen. Das Unternehmen steht in der Kritik, kaum die Identität seiner Kundinnen und Kunden zu überprüfen.
Bargeld dominiert noch die Geldwäsche
Dominiert wird in Deutschland die Geldwäsche aber von Bargeld, das hier leider eine unrühmliche Rolle spielt. Dies wird besonders durch die fehlende Bargeldobergrenze für Transaktionen begünstig. Anders als in Italien, wo nur Waren bis zu 1.000 Euro in bar bezahlt werden dürfen, ist es in Deutschland problemlos, ein Auto oder gar eine Immobilie mit Bargeld zu bezahlen. Insgesamt werden hierzulande im traditionellen Finanzsystem nach Expertenschätzung zwischen 50 und 100 Milliarden Euro jährlich gewaschen – und so spektakulär Beutezüge im digitalen Raum auch erscheinen, noch sind sie eher eine marginale Erscheinung.