Den Kundenzugang retten: Warum Banken Open Banking als Chance begreifen sollten

Donnerstag, 18. Juli 2019

Neu-Isenburg

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Die „Payment Service Directive“ der EU bricht das Monopol der Banken beim Zugriff auf Kontodaten. Darin liegen Gefahren und Chancen zugleich, nur sind viele Institute nach wie vor mit sich selbst beschäftigt. Dabei geht es strategisch um nicht weniger als den Zugang zum Kunden.

Ähnlich wie bei der Europäischen Datenschutzgrundverordnung  gab es zur Einführung der PSD2 (Payment Service Directive 2) in den Medien zahlreiche Äußerungen aber wenig Ahnung. Wahlweise wurde das Ende des Bankgeheimnisses, der “gläserne Kunde” oder gar der ungezügelte Zugriff von Handelsriesen wie Amazon auf das Konto in den Raum gestellt. Der rechtlose Kunde als Opfer von Konzernen, die ihren Hunger nach Daten nun direkt aus den Kontodaten stillen können? Erfahren Sie in diesem Blogbeitrag mehr zum Thema Open Banking.

Der Kunde wird zum Herr seiner Daten

In ihrem Kern besagt die PSD2 nichts anderes, als das Banken die Kontodaten ihrer Kunden über Schnittstellen auch anderen Marktteilnehmern zur Verfügung stellen müssen. Aus Sicht der Kreditinstitute war das Monopol auf die Kundendaten ebenso komfortabel wie lukrativ. Denn wer weiß, was der Kunde verdient, wie er finanziell dasteht, hat es leichter, ihm passende Produkte anzubieten. Von diesem Wissen sollen in Zukunft auch andere Anbieter profitieren. Mit einer Entrechtung des Kunden hat das nichts zu tun. Ganz im Gegenteil. Denn es geht nicht darum, dass die Bank wahllos Dritten Zugang zu den Informationen gibt. Sie muss nur die Voraussetzungen dafür schaffen, dass andere Unternehmen darauf zugreifen können. Der Kunde entscheidet darüber, mit wem er Daten teilen möchte.

Auftritt der Fintechs – der Schritt zum Open Banking

Auf den Zug der offenen Schnittstellen sind eine kaum noch überschaubare Zahl an Startups aufgesprungen, die rund um die Konten der Kunden neue Dienstleistungen anbieten. Vertragsmanager, die eine Übersicht über Abonnements und Vereinbarungen mit Versorgern schaffen, oder Analysewerkzeuge, die den Kontostatus des Nutzers bei verschiedenen Banken zusammenfassen, um Hinweise zu besseren Geldanlagen zu liefern, sind Beispiele. Gemeinsam haben die jungen Unternehmen die Fokussierung auf den Kunden und die Nutzung moderner Kommunikationswege und Anwendungen. Sie setzen auf Apps und Chatbots und machen in erster Linie online auf sich aufmerksam. Damit übertragen sie Kunden- und Nutzerfahrungen aus dem E-Commerce auf das bis dato doch eher verstaubte Bankwesen.

Plattform-Wirtschaft in der Bankenwelt?

Mit ihren neuen Angeboten schaffen die Startups vor allem eines: Den direkten Weg zum Kunden und das auf zeitgemäße und moderne Art und Weise. Denn natürlich steht es den Firmen frei, rund um die eigene Dienstleistung weitere Produkte zu gruppieren, darunter auch solche, die in unmittelbaren Wettbewerb zu traditionellen Bankprodukten stehen. Daraus können sich dann Plattformen entwickeln, wie sie im Alltag der Kunden bereits heute eine Rolle spielen. Amazon ist hier sicherlich das bekannteste Beispiel. Das inzwischen geflügelte Wort, dass die Kunden zwar das Banking brauchen, aber nicht unbedingt eine Bank, zeigt eindrucksvoll die aus Sicht der Banken immanente Gefahr des Open Banking.

Open Banking kennt nicht nur eine Richtung

Zu Ende gedacht führt Open Banking zu einem Omnichannel-Ansatz in der Finanzindustrie. Durch die Verknüpfung unterschiedlichste Dienste wird der Kunde über jedes nur erdenkliche Gerät (Smartphone, Telefon, PC, Sprachassistent) auf unterschiedlichen Kanälen (Filialen, soziale Netzwerke, Chatbots) Produkte und Service nutzen können, die zu jedem seiner Lebensumstände passen. Eine regelrechte Disruption des Sektors steht damit bevor. So hat es auch die Unternehmensberatung Oliver Wyman in einer Studie formuliert:
„Marktteilnehmer, unabhängig ob lokal oder überregional, die an einem klassischen, integrierten Bankmodell festhalten, werden in einem stark veränderten Umfeld ähnliche Schwierigkeiten haben wie z. B. ehemals erfolgreiche Kaufhäuser oder veränderungsresistente Hersteller von Elektronik-Hardware.“

Damit ist auch die Anforderung an den Bankensektor formuliert. Denn Open Banking verläuft nicht nur in eine Richtung. Chancenlos werden eher die Institute sein, die das Öffnen und Schaffen von Schnittstellen als Belastung und weniger als Chance begreifen.

Die Institute befinden sich in einer guten Ausgangssituation:

•    Sie besitzen eine breite Kundenbasis, die sich Fintechs und Herausforderer erst schaffen müssen.
•    Sie besitzen das über Jahre aufgebaute Vertrauen der Kunden.

Diese Vorteile, Datenanalysen und Schnittstellen bieten die Basis für den Aufbau eigener Plattformen und Geschäftsmodelle. Denn die zur Verfügung gestellten Daten können nach der Analyse durch einen Kooperationspartner ja auch wieder zurück zur Bank fließen. Ob Mobilfunkdienste, Angebote von Versorgern oder auch Mediendienste könnten die Banken beispielsweise ihren Kunden hier vermitteln.

Strategisch muss jedes Institut seinen eigenen Weg finden. Hier sind zwei Extreme denkbar: Das Anbieten eigener Produkte auf den Plattformen von Dritten, oder die Schaffung einer eigenen Plattform durch die Integration von Produkten und Services von Dritten. Kooperationen mit Fintechs und die Aufnahme ihrer Produkte in das eigene Angebot sind ein erster Schritt auf diesem Weg. Für die Banken, die keinen der beiden Richtungen einschlagen, dürfte dagegen das Sprichwort gelten: Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit. 

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